Nach einer einigermaßen ruhigen Nacht in einem doch etwas hellhörigen Hotel, unser Nachbar schien ein noch größerer Fernsehfreund zu sein als ich, denn er hatte die gesamte Nacht den Fernseher hörbar laufen, und dem obligatorischen Hotel-Frühstück ging es bei strahlendem Sonnenschein und blauem Himmel wieder auf die Straße. Nach wenigen Meilen verließen wir dann schon wieder Oregon und kehrten zurück nach Kalifornien, was uns diesmal mit wirklich bestem Wetter empfing. So war es uns dann auch schon früh möglich, einen durchaus etwas überraschenden Anblick zu genießen. Denn am Horizont tauchte völlig alleinstehend wie ein Kandidat bei Schwiegertochter gesucht ein schneebedeckter Gipfel auf: der Mount Shasta.
Noch nie gehört? Das ist wohl keine Schande, aber gleichzeitig ist es doch irgendwie verrückt, denn mit über 4.300 Metern Höhe ist dieser Gipfel höher, als das meiste was die „heimischen“ Alpen in Europa so zu bieten haben. Für Wanderer, Skifahrer und Outdoor-Fans ist der Mount Shasta wohl ein Paradies. Vielleicht lag es auch daran, dass wir einfach an ihm vorbei zu unserem nächsten Ziel nach Redding gefahren sind. Auf dem Weg musste ein Stop allerdings noch sein, denn was wäre ein solcher Autofahr-Tag ohne Minigolf? So gönnten wir uns mal wieder eine entspannte Runde bei 30 Grad in der prallen Mittagssonne und ich muss zu meiner Schande gestehen, anders als sonst ging ich nicht als Sieger vom Grün. Ich kann eure offenen Münder förmlich vor mir sehen, aber „The Beast“ wird zurückkommen und das stärker als je zuvor.
In Redding selbst haben wir dann erstmal eine Runde gechillt, muss im Urlaub ja ab und zu auch mal sein, bevor es am späten Nachmittag dann zu Five Guys ging, einer amerikanischen Burgerbude, deren Weg auch bald nach Deutschland führt. Schonmal als Tipp: hingehen! Zur Verdauung gab es dann noch einen kurzen Ausflug in die örtliche Mall und zur Top-Sehenswürdigkeit des Ortes: Der Sundial Bridge. Was an der Brücke so toll ist? Fragt am besten die unzähligen Asiaten, die sich dort mit reichliche Fotoequipment versammelten. Für mich persönlich hätte das auch eine der zahlreichen Erftbrücken in Bergheim sein können. Aber zumindest der Sonnenuntergang konnte sich vom Park um die Brücke echt sehen lassen.
Am nächsten Morgen ging es nach einem klassisch mittelmäßigen Super 8 Frühstück wieder ziemlich früh auf die Straße, denn für den Tag stand einiges auf dem Programm. Zunächst vor allem mal wieder eins: Autofahren. Es ging zum nächsten Nationalpark quer durch die Pampa, bis wir schließlich den Eingang zum Lassen Volcanic National Park erreichten. Kein sonderlich bekannter Nationalpark und ehrlich gesagt war die Skepsis durchaus vorhanden, ob ein Besuch sich überhaupt lohnt. Rückblickend kann man nun sagen: Das tut er durchaus. Der Park ist sehr abwechslungsreich mit viel Wald, Bergen, Seen und heißen Thermalen Quellen. Also wirklich für fast jeden Geschmack etwas dabei.
Da der Himmel strahlend blau war und ich sonst in den letzten Tagen dazu tendierte, vor Faulheit zu stinken, entschieden wir uns sogar für eine Wanderung. Verrückt, oder? Fast 5 Kilometer über Stock und Stein. Und wozu? Um thermale Quellen zu sehen, die so riechen, als hätte ich so richtigen Abfall gegessen und den überhaupt nicht vertragen. Aber Spaß beiseite, der Fußmarsch insgesamt hat sich wirklich gelohnt, genau wie der gesamte Besuch im Nationalpark.
Von dort aus ging es dann auf die lange Rest-Etappe des Tages wieder quer durchs Niemandsland nach Osten. Dabei machten wir urplötzlich auch Bekanntschaft mit einem Reh am Straßenrand, dass in etwa so überrascht und schockiert guckte, wie wenn man eine Türe öffnet um einen Raum zu verlassen und gleichzeitig auf der anderen Seite jemand hinein möchte – pure Schockstarre. Meine charmante Beifahrerin erlebte von dieser Tortur, abgesehen von diesem Zwischenfall, nicht so viel, denn nach einigen Minuten verabschiedete sie sich für eine ganze Weile ins Traumland – beneidenswert. Pünktlich für eine Toilettenpause bei Starbucks war sie dann aber wieder putzmunter – typisch Frau. Irgendwann schafften wir es dann, die nächste Bundestaatsgrenze zu überqueren um endlich in Nevada, dem dritten Staat unserer Reise, einzufahren. Unser Ziel dort war Reno, auch bekannt als das Las Vegas des kleinen Mannes oder die größte Kleinstadt der Welt.
Direkt neben diesem „tollen“ Reno-Arch befand sich übrigens unser wirklich schickes Hotel – inklusive Outdoor-Kletterwand bis in den 16. Stock. Braucht kein Mensch, aber wer hat, der braucht halt nicht. Um uns von der vielen ekligen Frischluft in der Natur zu erholen, versuchten wir dann erstmal die amerikanische Konsumwirtschaft anzukurbeln und etwas zu shoppen. Die örtliche Outlet schien aber nicht so richtig viel von günstigen Preisen zu halten, sodass diese Absicht leider im Sande verlief. Nach einem guten Abendessen wollte ich dann einen zweiten Versuch starten, Geld unters Volk zu bringen und etwas zu zocken. Wirklich viel mit den Casinos in Vegas hatte das in Reno allerdings nicht zu tun, sodass ich den Namen Las Vegas für Arme doch passender für diese Stadt finde. Irgendwann fand ich doch noch einen Platz am Roulette-Tisch eines semi-schönen und genauso semi-schicken Casinos, hatte dort dann aber so viel Glück wie der FC momentan in der Bundesliga – nämlich gar keines. Einige Dollar ärmer verließ ich dann das Casino und zog für mich das Resume, dass Reno leider in etwa so viel mit Las Vegas zu tun hat wie Bergheim mit einer aufstrebenden Stadt. Viel mehr ist dieser Ort scheinbar irgendwo in den 70ern hängen geblieben, was auch erklären würde, wieso die Bedienungen in den Casinos zu wahnsinnig verbraucht aussehen und weshalb in den Räumlichkeiten sogar das Rauchen noch erlaubt ist.
Aufgrund dessen brauchten wir am Tag darauf auch dringend frische Luft. Wir wir die bekamen, gibt es dann beim nächsten Mal. Der letzte beschriebene Tag war übrigens ein nahezu repräsentativer Querschnitt eines klassischen Urlaubstages: Viel Zeit im Auto, ein wenig wandern, ein wenig Natur, etwas Shopping und eine Stadt mit Entertainment. Es fehlte nur das Meer, dann wäre alles im Schnelldurchlauf dabei gewesen – aber nicht unbedingt in der Qualität, wie ich sie gerne habe.