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USA Roadtrip 2023: Auf nach Salt Lake City und ins Niemandsland.

Lange haben wir darauf gewartet aber pünktlich zum meteorologischen Sommeranfang war es soweit. Endlich hieß es wieder: USA, here we come! Mit reichlich Gepäck ging es am Vorabend unseres Fluges Richtung Frankfurt, wo wir für eine kurze Nacht ein Hotel in irgendeinem Industriegebiet außerhalb der Stadt bezogen. Schön war anders, aber Rezeptionist Rehman, ein ausgesprochen freundlicher Zeitgenosse, begrüßte uns in der Nacht genauso freundlich und locker wie er uns auch am nächsten Morgen wieder verabschiedete. Was auch immer er die ganze Nacht über gemacht hat, es schien ihm Freude bereitet zu haben. Da konnte ja nur Urlaubsstimmung aufkommen! Diese wurde auch nicht getrübt, als wir am gebuchten Parkhaus auf eine Mehrgenerationen-Mallorcatruppe stießen, die sich mit uns ein Shuttle teilte. Spätestens als wir unser Gepäck am Flughafen los waren, war uns sowieso alles vollkommen egal. Das lag sicherlich auch daran, dass wir dieses Mal ein besonderes Schmankerl hatten. Denn mit unseren gesammelten Meilen konnten wir uns ein Meilenschnäppchen in der Business-Class sichern. Es sollte zwar nur die Business-Class von Eurowings Discover sein, aber besser als Holzklasse konnte es ja nur werden. Es kommt beim Lesen jetzt sicherlich die Frage auf: wohin geht’s eigentlich? Die Antwort: Salt Lake City. Es muss sich schließlich auch in Sachen Flugzeit lohnen, wenn man schonmal Business-Class fliegt. Als netten Nebeneffekt konnten wir so auch vor dem Boarding noch in der Lounge entspannen und realisieren, dass wir nun tatsächlich Urlaub hatten – definitiv nicht das schlechteste Gefühl.

Der Flug selbst war dann zwar platzmäßig durchaus angenehm, allerdings war das drumherum bestenfalls in Ordnung. Das Entertainment-Programm an Board ließ quasi alle Wünsche offen (ich habe freiwillig „Brügge sehen und sterben“ geschaut und weiß nicht mal wieso) und irgendjemand um uns herum hatte so schlimme Blähungen, dass es große Teile des Fluges immer wieder so roch, als wäre etwas irgendwann einmal unter einen Sitz gefallen und würde seitdem dort unbemerkt verrotten. Aber hey, ich jammere hier auf sehr hohem Niveau. Nahezu pünktlich landeten wir dann auch nach etwa 11 Stunden am Salt Lake City International Airport, der auf den ersten Blick eher wirkte wie ein Bürogebäude aus den 1970ern. Da allerdings sowohl unser Gepäck unbeschadet ankam als auch wir unbeschadet einreisen konnten, stand dem Roadtrip eigentlich nichts mehr im Wege – wenn da nicht die herausfordernde Kombination aus unserem Gepäck und dem Mietwagen gewesen wäre. Als Business-Class Reisende durften wir nämlich mehr Gepäck mitnehmen und taten dies natürlich auch gerne – mehr ist schließlich mehr. Das machte dann die Auswahl eines geeigneten Autos für uns allerdings schwierig, denn irgendwie musste der ganze Kram da ja auch reinpassen und nicht gerade so offensichtlich auf der Rückbank liegen, dass es als schriftliche Einladung zum Diebstahl verstanden werden konnte. Glücklicherweise konnten wir uns mit einem Hyundai Tucson anfreunden und unseren Roadtrip auch offiziell beginnen.

Nach einer halben Stunde auf dem Highway erreichten wir dann unsere Unterkunft für die Nacht, die merkwürdigerweise direkt am Eingang einer US-Airforce Basis lag. Das Hotel TRU by Hilton selbst war einwandfrei, aber trotzdem konnten wir diesen langen Reisetag so noch nicht beenden, Denn ohne einen Supermarkt-Besuch kann ein solcher Urlaub schließlich nicht beginnen. Daher sprangen wir nochmal ins Auto, düsten zum nächstgelegenen Target, deckten uns mit dem Nötigsten ein und mussten feststellen, dass auch in den USA das Thema Inflation existent gewesen sein musste. Den Preis-Schock verdauten wir dann aber schnell mit ein paar selbstgefüllten Wraps im Hotelbett und Spiel 1 der NBA Finals 2023. Als es dann ans Schlafen ging, setzte auch endgültig die Realisierung ein: wir sind in den USA und morgen geht der Urlaub richtig los!

Der nächste Morgen begann dann, erwartungsgemäß und Jetlag-bedingt, viel zu früh. Aber so hatten wir zumindest reichlich Zeit unseren Tag zu planen. Wieso sollte man so etwas auch im Vorfeld tun? Wir hatten uns als Beginn unseres Trips den Antelope Island State Park nördlich von Salt Lake City ausgesucht. Aufgrund der Lage und als entspannter Start eigentlich eine wunderbare Idee – wäre da nicht gerade eine Insekten- und Mückenplage biblischen Ausmaßes am Start. Auf der Seite des Parks selbst wurde per Video davor gewarnt und natürlich hatten wir keinerlei Schutzmöglichkeiten für Insekten vorgesehen. So wurde also kurzerhand noch ein Ausflug zu Walmart eingeplant um ein Insektennetz für den Kopf sowie ein Mücken-Abwehrmittel zu kaufen. Eingeschmiert und mit dem Netz im Anschlag machten wir uns dann auf den Weg und auch wenn die Amerikaner gerne Dinge dramatisieren, in diesem Fall war alles wahr. Schon auf der Zufahrtsstraße waren mehr Mückenschwärme an und auf der Straße, als ich in meinem Leben jemals gesehen hatte. Und auch als wir dann erstmals ausstiegen, war alles voller Mücken und das Summen um uns herum fast schon ohrenbetäubend. Da fiel die kleine Schlange fast gar nicht auf, die vor uns den kurzen Weg zum Aussichtspunkt kreuzte. Landschaftlich war das Ganze aber schon auch ziemlich cool.

Trotzdem machte sich bei jedem Aussteigen aus dem Auto die Angst breit, dass sich die Mücken doch ihren Weg durch die Kleidung oder gar das Netz bahnen würden. So bescheuert und paranoid wir aber auch aussahen, quasi jede andere Person im Park fragte uns, woher wir die Netze hätten. Scheinbar hatten wir also etwas richtig gemacht. Und womöglich könnte man Insektennetze hier sogar als modisches Accessoire verkaufen.

Bei unserer weiteren Fahrt durch den Park trafen wir dann auf das erste tierische Highlight des Urlaubs: Bisons. Denn nicht nur ein einzelnes Tier lief uns über den Weg, sondern direkt eine ganze Herde. Die chillte gemütlich etwas abseits der Straße und ließ es sich gut gehen.

Da es gar nicht mehr besser werden konnte, machten wir uns auf den Weg Richtung Ausgang nur um dann noch ein Einzelgänger-Bison direkt neben der Straße zu sehen, welches offensichtlich nicht so Bock auf den Rest der Herde hatte. Das Tier war mir dadurch sofort besonders sympathisch. Damit verabschiedeten wir uns aber auch schon, denn wir hatten an diesem Tag noch eine ganze Ecke an Strecke vor uns.

Unser Weg führte uns durch das Niemandsland zwischen dem Norden Utahs und dem Osten Nevadas. Was in dieser Region so abgeht? Nun, de facto gar nichts. Deshalb steht dieser wunderschöne Ausblick aus dem Auto auch repräsentativ für die 4-stündige Fahrt. Und ja, auch andere Autofahrende waren äußerst rar gesät.

Irgendwann kamen wir aber in Ely, Nevada an und bezogen unser dortiges Motel. Sofort wurde uns klar: womöglich hatten wir das beste Hotel der ganzen Reise bereits in der ersten Nacht, denn das Bristlecone Motel war doch eher überschaubar schön. Wahrscheinlich machten wir uns auch deshalb erstmal zu Fuß auf den Weg zum Essen. Da sich in diesem Land sonst niemand zu Fuß fortbewegt, wurden wir natürlich von allen passierenden Autos merkwürdig beäugt. Dabei hatten wir nichtmal mehr unsere Insektennetze auf dem Kopf. Nach einem quasi nährstofflosen Essen bei Carls Jr. ging es dann auch schon wieder retour., Auf dem Rückweg konnten wir die merkwürdigen Blicke dann direkt zurückgeben, denn schon von Weitem waren Sirenen und Blaulicht auf der Straße vor unserem Motel zu sehen. Mein erster Gedanke war, wie sollte es auch anders sein: Entweder brennt unsere Unterkunft oder es gibt ne Schießerei zwischen den Motel-Angestellten und Wegelagerern. Natürlich traf keine der beiden Optionen zu, es war lediglich eine „Parade“ der örtlichen Abschlussklasse. Was diese jungen Leute doch wohl für eine rosige Zukunft vor sich haben: Ein Job in einem der örtlichen Fastford-Restaurants, beim Supermarkt, dem Energieversorger, einer Tankstelle oder vielleicht sogar in einem der Motels am Empfang? Oder schafft es vielleicht jemand raus aus diesem Kaff jenseits der richtigen Zivilisation? Auf den ersten Blick strahlten die Absolvent:innen eher wenig Optimismus aus, aber wir drückten ihnen trotzdem die Daumen, kehrten in unser Zimmer zurück und beendeten so unseren ersten vollen Urlaubstag.

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