Unser zweiter Tag startete zum Sonnenaufgang im beschaulichen Gunnison bei ebenso beschaulichen 6 Grad und einem schnellen Frühstück in der Lobby unseres Hotels. Glücklicherweise konnten die frischen Waffeln mit Marmelade und von Innen wärmen, wenn schon die Temperatur draußen für uns doch ziemlich überraschend gering war. Auf dem Rückweg in unser Zimmer fiel uns dann noch eine mysteriöse Tür ins nirgendwo am Hotel auf. War das womöglich ein Portal in ein anderes Universum? Oder eine klassische Falle in einem Labyrinth? Diese Frage wird leider für immer unbeantwortet bleiben.
Frisch gestärkt ging es dann los und die ersten 1,5 Stunden Fahrt vergingen durch die langsam von der Sonne erwärmte Landschaft bis zum nächsten Nationalpark auf unserer Reise: dem Black Canyon of the Gunnison.
Auch hier waren wir bereits auf unserer letzten Reise durch Colorado vor fünf Jahren, wollten diesen eher unbekannten Park aber unbedingt nochmal sehen. Am Visitor Center waren wir dann allerdings überrascht, dass ein Reisebus dort stand und haufenweise Rentner ausspuckte. Diese liefen teilweise planlos über den Parkplatz, der Großteil bildete aber sehr schnell eine ewig lange Schlange vor den Toiletten. Gerüchten zufolge mussten die ersten reisenden Rentner bereits ein zweites Mal auf die Toilette, als die letzten der Reisegruppe gerade fertig waren.
Wir ließen uns davon allerdings nicht stören und nahmen ausnahmslos jeden Aussichtspunkt inklusive kurzer Wege dorthin mit. Wieso sollte man auch nicht Ausblicke wie diesen genießen so gut es geht?
Anschließend verließen wir den Black Canyon of the Gunnison auch schon wieder, schließlich hatten wir noch einiges zu tun (vor allem Auto fahren). Schon 1,5 Stunden später legten wir eine Art Mittagspause in Grand Junction, CO ein. Die Pizza, die vor meinen Augen belegt wurde, war so dermaßen spärlich belegt, dass die Bedienung scheinbar ein persönliches Problem mit mir hatte. Da auch der kurze Shoppingausflug im Anschluss ähnlich enttäuschend verlief, ging es irgendwie wenig gestärkt weiter – um zum dritten Mal an diesem Tag 1,5 Stunden im Auto zu verbringen. Unser Ziel für diesen Tag war Moab, womit wir dann auch Colorado fürs erste schon wieder verließen. Wir checkten dann nur kurz in unsere Unterkunft ein, das legendäre „Apache Motel“ (nur 4 Blocks von der Hauptstraße entfernt, fernab aller anderen Unterkünfte) um anschließend bei mittlerweile 34 Grad direkt wieder aufzubrechen. Wieso? Weil wir noch vor Sonnenuntergang das nächste Highlight in diesen Tag packen wollten: den Canyonlands Nationalpark.
Zugegeben, ganz freiwillig war das Ganze nicht. Der Viewpoint, den wir unbedingt sehen wollten, stand nur noch an diesem Abend zur Verfügung, weil ab dem nächsten Morgen Bauarbeiten die Zufahrt unmöglich machten. Also düsten wir eine Stunde bis zum Grand View Overlook, wanderten dann mit der untergehenden Sonne am Abgrund entlang und wurden schließlich mit einem unfassbaren Ausblick belohnt.
Wie schön kann ein Ort bitte sein? Diese unglaublichen Weiten, diese Ruhe – es war einfach Wahnsinn. Vor allem, wenn man bedenkt, dass wir dort quasi ganz alleine waren. Mit der untergehenden Sonne zusammen machten wir uns dann auch auf den Rückweg und beendeten dann auch diesen Canyon-lastigen Tag. Bemerkung am Rande: am Ende des zweiten vollständigen Tages in den USA hatte ich bereits mehr als 16 Stunden am Steuer gesessen und dabei mehr als 1.000 Kilometer zurückgelegt. Ich sollte womöglich über eine zweite Karriere als Fernfahrer nachdenken.
Arches Nationalpark: Das Wandern beginnt.
Am nächsten Morgen riss uns der Wecker um 5:15 aus dem Schlaf und wir mussten feststellen: das „freiwillig“ frühe Wach werden im Rahmen des Jetlags war nun wohl vorbei. Dafür erwarteten uns draußen bereits zum Sonnenaufgang angenehme 17 Grad und nach einem Frühstück im Zimmer ging es auch schon los in den nächsten Nationalpark. Diesmal stand der Arche Nationalpark auf dem Programm und wie es sich gehört, steuerten wir ohne Zwischenhalt direkt den Trailhead für die Wanderung zum Symbol des Parks an: dem Delicate Arch. Die 2,5 Kilometer lange Wanderung verlief überraschend entspannt und so erreichten wir dann auch ohne Probleme das Wahrzeichen des Nationalparks und des Bundesstaates Utah.
Eine Gruppe junger Männer ließ sich bei unserer Ankunft gerade unter dem Steinbogen fotografieren und kam auf die Idee, dass jeder von ihnen eine Yoga-Brücke machen könnte. Unter dem Applaus der anderen Wanderer gelang es ihnen und ich muss sagen: Hut ab, ich hätte mir dabei wahrscheinlich den Rücken gebrochen und würde dann heute noch dort liegen und auf Hilfe warten. Dass nur wenige Meter weiter ein Mann völlig unverdeckt seine Blase entleerte und einen Strom von Urin über das steinerne Plateau schickte, sei hier nur am Rande erwähnt.
Der Rückweg war dann ähnlich entspannt. Allerdings fanden wir plötzlich am Wegesrand einen verlassenen Buggy stehen – ohne Kind darin und auch ohne Besitzer in sichtbarer Nähe. Wir konnten nicht klären, ob ein gruseliger Clown das Kind in eine Felshöhle entführt hat oder ob eine Familie, die aussah, als wäre sie gerade aus einem Nike-Outlet entflohen, den Wagen einfach nur für den Rückweg geparkt hat. Wir jedenfalls erreichten easy unser Auto und fuhren dann direkt zum nächsten Trailhead um noch vor der Mittagshitze die nächste Wanderung zu starten. Ziel diesmal: der einladend klingende Devils Garden.
Am Startpunkt der Wanderung trafen wir dann auf zwei Deutsche – vermutlich Vater und Sohn, die sich die Karte des Devils Garden anschauten. Und wie es sich für Deutsche gehört, zweifelte der Vater natürlich die Richtigkeit der dargestellten Wege an. Schließlich hatte er im Internet andere Informationen gefunden. Wir wanderten aber einfach los und genossen den Weg durch die felsige Landschaft und erreichten nach 4 Kilometern unser Ziel: den Double O Arch.
Ob diese einfallsreiche Namensgebung wohl daher kommt, dass hier zwei halbwegs Runde Bögen direkt übereinander sind? Man weiß es nicht. Fakt ist aber, dass wir während unserer Pause dort erneut auf unsere Landmänner vom Beginn der Wanderung trafen. Und für wen der Vater dieses Duos aufgrund seiner Zweifel an der Nationalpark-Karte noch nicht eigenartig genug war, für den legte er dann noch einen drauf, als er nach seiner Ankunft erstmal eine zwei Liter Flasche Diet Pepsi aus seinem Rucksack zog und genüsslich daraus trank. Wer nimmt denn bitte zwei Liter Cola mit auf eine Wanderung? Und ja, das sage ich als Cola-Trinker aus Leidenschaft.
Auf unserem Rückweg bekamen wir dann zu spüren, wieso auf der Homepage des Nationalparks vor den dortigen Temperaturen gewarnt wird und wieso zu Beginn des Trails ein wenig verblümtes Schild mit der Aufschrift „Heat kills!“ zu sehen war. Die Temperaturen stiegen stetig an und ich bin mir rückblickend nicht sicher, ob ich wirklich eine kleine Eidechse auf dem Weg traf, die ansatzlos anfing Liegestütze vor mir zu machen, als wolle sie mich zu einem Wettkampf herausfordern. Wir schafften es aber zurück zum Auto und fuhren dann nur noch ein wenig durch den Rest des Parks und begutachteten einige teils obszöne Gesteinsformationen.
Danach fuhren dann wieder Richtung Moab, versorgten uns mit bestenfalls mittelprächtigem Essen in einer Mischung aus Trailerpark und Food-Truck-Ansammlung um den Tag dann mit einem Becher Ben&Jerrys im Apache Motel ausklingen zu lassen.
Canyonlands Teil 2 und kulturelle Banausität.
Der nächste Tag begann für uns dann deutlich entspannter, da unsere Pläne überschaubar waren. Es musste uns also kein Wecker vor Sonnenaufgang aus dem Schlaf reißen. Stattdessen packten wir in Ruhe unsere Sachen zusammen verließen das insgesamt doch wirklich solide Apache Motel und fuhren erst einmal die gewohnten 1,5 Stunden zum sogenannten Newspaper Rock – einem Felsen mit uralten Malereien bzw. Inschriften darauf. Wenn man sich die dargestellten Motive mal genauer anschaute, könnte es sich sogar um so etwas wie eine prähistorische Bild-Zeitung handeln.
Apropos uralt bzw. prähistorisch: wir trafen dort doch tatsächlich den Reisebus inklusive Rentner wieder, den wir schon im Black Canyon of the Gunnison getroffen hatten. Und auch diesmal formierte sich sofort eine lange Schlange an der Toilette. Andere Rentner fotografierten mit viel zu viel Zoom Büsche am Wegesrand und ich kann nicht ausschließen, dass die Reisegruppe einige Teilnehmer:innen auf irgendwelchen Toiletten zurücklassen musste. Glücklicherweise mussten wir nicht auf die Toilette sondern fuhren weitern zum zweiten Teil des Canyonlands Nationalparks: dem Needles District.
Dort wanderten wir durch die pralle Mittagssonne ein wenig um her, schwitzten wie blöd und genossen derweil die Ausblicke von der anderen Seite des Nationalpark auf den Ort am Horizont, an dem wir den Abend zwei Tage zuvor genossen hatten.
Ich kann es nicht anders sagen: der Canyonlands Nationalpark ist für mich komplett unterschätzt und ich kann wirklich nur empfehlen: Schaut euch das an, es ist wirklich ein fantastischer Ort.
Aber so schön es auch war, mussten wir weiter und so verließen wir nicht nur Canyonlands, sondern auch direkt Utah. Unser Weg führte uns nämlich nach Cortez in Colorado. Was wir da machten? Wir zeigten uns von unserer banausigen Seiten was Kultur angeht. Denn dort befindet sich mit dem Mesa Verde Nationalpark der einzige Park, der aufgrund kultureller Aspekte diesen Status erhalten hat. Und weil uns dies vor 5 Jahren schon echt nicht umgehauen hat (und die Toiletten im Park quasi überliefen uns die Luft so stank als würde sie aus Bröckchen bestehen), sparten wir uns diesmal den Besuch und holten uns lediglich einen Stempel für unseren Nationalpark-Pass ab um anschließend auf direktem Wege zu Burger King zum Abendessen zu fahren. Dabei fiel mir auf, dass auf einem Schild am Eingang lediglich die Rede davon ist, dass Schuhe und Shirt notwendig sind, um bedient zu werden. Sind Hosen also lediglich optional? Vielleicht sollte ich das einfach einmal ausprobieren (keine Sorge, ich tat es nicht).
In Cortez sollten wir dann aber auch die Nacht verbringen und obwohl es in der Stadt Hotels in Hülle und Fülle und von jeder bekannten Marke gibt, landeten wir doch wieder im Retro Inn, was uns fünf Jahre zuvor bereits als Gäste begrüßen durfte.
Es sollte sich aber tatsächlich als Glücksfall erweisen, denn die WLAN-Probleme von damals wurden scheinbar behoben und wir konnten uns bei bestem Wetter noch ein abendliches Tischtennis-Battle liefern, bei dem ich in überragender Manier als Sieger von der Platte ging. Ausklingen ließen wir den Abend dann mit der Präsidentschaft-Debatte im Fernsehen und der anschließenden Frage: Wie kann irgendein normal denkender Mensch auch nur in Betracht ziehen, Donald Trump zu wählen? Auch diese Frage wird wohl für immer ein Mysterium bleiben.