Während mich zuhause um 6 Uhr morgens selbst mehrere Wecker kaum soweit kriegen, dass ich die Augen aufmache und mich selbst als wach bezeichnen würde, war es am ersten Morgen in den USA so, wie es eigentlich immer ist: um 5:15 war die Nacht vorbei, denn mein Körper war (vielen Dank Jetlag) der Meinung, es wäre nun mitten am Tag und somit höchste Zeit zum wach sein und aufstehen. Da hilft auch innerer Widerstand leider gar nichts und so saßen wir dann um kurz nach 6 Uhr bereits beim Frühstück in der schönen Mehrzweckhallen-Lobby. Ich hielt es dann sogar für eine gute Idee, Bratkartoffeln mit pikanter Salsa zu frühstücken, was wohl endgültig als Beweis gewertet werden kann, dass ich geistig um diese Uhrzeit noch nicht so ganz auf der Höhe war. Gestärkt ging es dann gemütlich um kurz nach 7 zum Check-out und an die frische, 2 Grad kühle Luft. Die Sonne ging gerade auf und wir machten uns schon auf den Weg zu unserem ersten Ziel: dem Garden of the Gods. Was unglaublich episch klingt, ist ein relativ kleiner Naturpark in unmittelbarer Nähe von Colorado Spring, der sich durch eindrucksvolle Gesteinsformationen auszeichnet. Und was soll ich sagen: in den morgendlichen Sonnenstrahlen war der Park wirklich schön anzusehen.
Dass es lediglich 2 Grad Außentemperatur waren, merkten wir aber quasi bei jedem Schritt durch den Park, denn es war schon arg schattig. Dafür waren wir nahezu alleine und konnten die Natur in ganzer Pracht genießen.
Auf den gemütlich zu erkundenden Wegen lernten wir dann auch noch direkt die lokale Tierwelt ein Stück weit kennen. Vor allem der kleine kalifornische Buschhäher tat es uns als große Birding-Fans dabei besonders an.
Aber auch sonst hätten wir uns quasi keinen besseren Start in den Tag vorstellen können (also außer ein paar grad wärmer vielleicht). Vom Göttergarten ging es dann mit dem Auto weiter in Richtung Berge, die in Colorado so gut wie in jeder Richtung irgendwo sind. Unser Ziel war allerdings ein besonderer Berg, nämlich der Pikes Peak. Dieser 4.300 Meter hohe Berg gilt nämlich als einer der bekanntesten Gipel der USA, hat daher auch den Spitznamen America’s Mountain und ist bis ganz oben problemlos mit dem Auto befahrbar – wie sollte es in Amerika auch anders sein? So eine Chance wollte wir Flachland-Tiroler uns natürlich nicht entgehen lassen und begannen den erstaunlich entspannten Aufstieg. Dieser führte uns mal eben mehr als 2000 Höhenmeter nach oben, was wir im Laufe der Fahrt entlang der schier endlosen Serpentinen auch an der durchaus dünner werdenden Luft merkten. Die letzten Meilen hinauf zum Gipel mussten wir dann allerdings doch mit einem Schuttle zurücklegen, denn oben wird aktuell eine neue Bergstation gebaut, weshalb Parkplätze nicht mehr vorhanden sind. Auf der kurzen Shuttlefahrt fand ich dann aber auch direkt neue Freunde. Denn ein Ehepaar aus Minnesota hatte ein akutes Mitteilungsbedürfnis und suchte den Kontakt zu mir. Als sie dann herausfanden, dass ich aus Deutschland komme, war es um sie geschehen. Es kamen Fragen wie: Ist Deutschland ein schönes Land? Gibt es Berge in Deutschland? Und wird es auch kalt in Deutschland? Ich stand kurz davor zu sagen, dass wir zuhause immer nur Shorts tragen weil es niemals unter 25 Grad Celsius ist, allerdings fiel mir die passende Umrechnung in Fahrenheit nicht ad hoc ein, sodass der Spaß nicht bei meinen Freunden aus Minnesota angekommen wäre. So blieb ich bei der Wahrheit und flüchtete dann nach Ankunft des Shuttles schnellstmöglich. Das war allerdings nicht so einfach, denn durch die Großbaustelle war auf dem Gipfel nicht gerade viel zu erleben. Die Aussicht auf das umliegende Colorado war dafür zwar ganz schön, aber irgendwie hatten wir beide doch etwas mehr erwartet.
Da in dieser Höhe quasi jeder Schritt noch anstrengender ist, als es für mich Körperklaus ja sowieso schon der Fall ist, traten wir zeitnah auch wieder den Abstieg mit dem Auto an. Aber auch der Blick von „unten“ auf America’s Mountain war irgendwie nicht so der Bringer.
Daher ging es nach einem kurzen Aufenthalt in der mittlerweile wirklich sehr angenehmen Sonnen auch direkt weiter, getreu dem Motto: Been there, done that.
Die anschließende, ca. 4 Stunden dauernde Autofahrt quer durch das Hinterland von Colorado lässt sich ziemlich treffen mit folgendem Foto zusammenfassen.
Weit und breit gab es quasi nichts anderes als trockenes, leeres Land. Während der gesamten 4 Stunden im Auto kamen wir an lediglich zwei Ortschaften vorbei, die den Namen aber auch nur mit ganz viel Wohlwollen überhaupt verdient haben. Ansonsten gab es quasi gar nichts, außer zwei Spuren auf dem Highway und sehr viel Land.
Daher dürfte es auch niemanden überraschen, dass wir ohne Probleme unser Ziel in Gunnison erreichten. Keine Sorge, wer den Ort noch nie gehört hat, braucht sich nicht zu schämen. Denn eine wirkliche Daseinsberechtigung hat diese Kleinstadt wohl nicht. Zum Übernachten reicht es aber allemal, auch wenn unser Motel auf den ersten Blick nicht wirklich einladend, sondern doch eher wie die Kulisse eines schlechten Horrorfilms wirkte. Der Eindruck bestätigte sich aber nicht und selbst etwas zu Essen konnten wir in Gunnison finden. In einem indisch, nepalesischen Restaurant kehrten wir ein und aßen dann doch auch mal etwas vernünftiges, nachdem die Nahrungszufuhr über den Tag lediglich aus Cocktailtomaten, Karotten, Trauben und viel zu vielen Oreo-Keksen bestand. Den Rest des Abends ließen wir dann gemütlich ausklingen, wobei das wir in diesem Fall nur bedingt stimmte. Schließlich entschied Sandra sich dazu, sich bereits um 19 Uhr Ortszeit ihrem Jetlag zu ergeben und sich ins Traumland zu verabschieden. So ein Tag als Beifahrer muss schon hart sein. Ich bin gespannt, wie früh sie dann morgen nicht mehr schlafen kann.