Nach einer ruhigen Nacht und einem, mittlerweile wie gewohntem, quasi nur Carbs Frühstück (Kartoffelstückchen, Toast, Tortillas) in unserem Drury Hotel in Westminster ging es bei strahlendem Sonnenschein ab nach Denver – so ziemlich die einzige „echte“ Stadt während unseres gesamten Urlaubs. Kein Wunder also, dass als erstes ein Skyline-Ausblick auf dem Programm stand. Mitten Auf einer Wiese vor etwas zwielichtig wirkenden Motels fanden wir diesen schönen Blick auf die Stadt, der zwar nicht unbedingt so spektakulär wie bei anderen US-Metropolen ist, aber trotzdem neugierig machte.
Anschließend parkten wir unser Auto im erstbesten, freien Parkhaus und begannen mit der Stadterkundung zu Fuß. Die erste Auffälligkeit: in Lower Downtown (oder LoDo, wie die hippen Einheimischen zu sagen pflegen) gibt es eine lange Fußgängerzone, die lediglich von kostenlosen Bussen befahren wird und ansonsten für eine Innenstadt wirklich verdammt ruhig ist. So fiel es uns wirklich leicht, gemütlich umher zu flanieren und die Stadt auf uns wirken zu lassen.
Während dieses Spaziergangs, mitten auf der „16th Street Mall“, der Fußgängerzone, gab es plötzlich Hinweisschilder mit „Best View of Denver“. Natürlich war ich sofort angefixt und folgte den weiteren Schildern ein paar Rolltreppen nach oben. Ich fragte mich zwar, was das für ein Ausblick sein sollte, so mitten in der Stadt, aber ich war neugierig – so wirkt Werbung nun einmal bei mir. Und wie es oft mit der Werbung ist, war das Produkt letztlich enttäuschend, aber auch irgendwie witzig. Denn es gab tatsächlich den besten Ausblick auf „Denver“, aber eben nicht das, was man erwartete – well played Werbeleute.
Wir bummelten weiter umher und es war auffällig, wie leer die Stadt eigentlich war. Ein paar Geschäftsleute, ein paar Obdachlose, aber ansonsten eigentlich niemand. Dafür ein wirklich angenehmer Mix von modernen Hochhäusern und auch immer mal wieder älter wirkenden Backstein-Bauten dazwischen.
Anschließend führte uns die Downtown-Hauptstraße quasi direkt zum nächsten Ziel: dem State Capitol von Colorado. Auf einer der dortigen Treppen ist auch der Punkt markiert, der genau eine Meile über dem Meeresspiegel liegt, woher Denver auch den Spitznamen „Mile High City“ hat. Leider wurde die Fassade des Gebäudes gerade gereinigt, sodass wir die Treppenstufe nur erahnen konnten. Aber hey, ich glaube den Denver-Werbeleuten doch offensichtlich eh alles, also wird das mit der Höhe schon stimmen.
Wie man sieht, war der weitläufige Park-Bereich um das Capitol wirklich schön – wenn er nicht einer wahnsinnig großen Obdachlosen-Truppe gehören würde. Ich weiß nicht, ob ich jemals so viele Obdachlose auf einem Fleck gesehen habe, aber es war schon auffällig. Im Grunde hingen die Leute dort nur rum, aber einige von ihnen waren doch etwas spooky, lachten wie der Joker oder wankten umher, als hätten sie in ihrer eigenen Welt gerade heftigen Seegang. Gleichzeitig gab es aber noch zwei weitere Interessengruppen auf diesem Platz: Tauben und Eichhörnchen.
während die Tauben versuchten, ihr Ding durchzuziehen und dabei aufgrund starker Windböen teilweise wie unkontrollierte, raketenartige Geschosse durch die Luft schossen, wirkten die Eichhörnchen leicht schizophren. Erst machten sie auf putzige Zeitgenossen, die über die Wiesen huschten und die kein Wässerchen trüben konnte. Doch dann machte es plötzlich Klick und man wurde vom Baum mit einem Blick angestarrt, der nur eins sagen wollte: Suchst du Stress oder was? Ich geb dir gleich Stress! Aber wieder nur einen Moment später, knabberten sie wieder Nüsse oder jagten einander die Bäume nach oben. Verrückte Tiere.
Kein Wunder also, dass wir schnell weiter zogen und einen Blick auf das Denver Art Museum warfen, welches laut verschiedenen Internet-Quellen sehenswert sein sollte.
Was soll ich sagen? Die Form des Gebäudes ist tatsächlich bemerkenswert. Mehr möchte ich dann aber an dieser Stelle auch nicht zum Thema Kunstmuseum beitragen (#ArchitekturIdiot). Statt weiter (nicht) über Architektur zu philosophieren, zogen wir weiter und zurück in Richtung unseres Ausgangspunktes. Allerdings Bogen wir vorher ab und entdeckten noch weitere Beispiele für „historische“ Bauten im Stadtzentrum. Davon gibt es wohl in Denver für die USA ungewöhnlich viele, wobei man natürlich als Europäer trefflich über den Ausdruck „historisch“ an dieser Stelle streiten kann.
Um dann noch etwas Abwechslung von unserer anstrengenden Sightseeing-Tour zu bekommen, entschlossen wir uns spontan, unser Glück bei einem Escape Room Anbieter zu versuchen, bei dem wir (aus welchem Grund auch immer) online keine Reservierungen vornehmen konnten. Durch Zufall konnten wir direkt einen Raum spielen und, wie sollte es auch anders sein, schafften wir es natürlich und hatten eine gute Zeit.
Danach setzten wir unsere Tour durch Downtown-Denver fort, spazierten entlang eines kleinen Seitenarms des South Platte Rivers bis zum Confluence Park und überzeugten und so von der These, dass Denver mit zahlreichen Parks und Grünflächen zu den grünsten Städten Amerikas zählt.
Anschließend bogen wir aus dem Park wieder Richtung LoDo ab, bummelte noch an der neuen Union Station vorbei und suchten dann das Parkhaus, in welchem wir unser Auto versteckt hatten. Das gelang uns überraschend gut und so ging es raus aus Downtown-Denver und ab zu unserem nächsten Stop: dem Denver Nature and Science Museum. Wer jetzt denkt, wir wollte uns bilden, der liegt natürlich total daneben. Der einzige Grund, der uns gefühlt quer durch die halbe Stadt (und den allgegenwärtigen Stau) führte, war ein schöner Blick auf die Skyline.
Ja, zugegeben, der Blick war ganz nett, aber auch nicht so wirklich überzeugend. Bevor wir uns dann aber wieder in einen der willkürlich auftretenden Staus auf den Highways der Stadt stellten, hielten wir noch bei Carl’s Jr. und probierten den Beyond Famous Star. Was wahnsinnig abgehoben klingt, ist lediglich der Standard Burger dieser Fastfood Kette mit einem Beyond Meat Patty. Erstaunlicherweise galt auch hier: ein Unterschied zu echtem Fleisch ist quasi nicht zu schmecken. Wir wurden zwar beide das Gefühl nicht los, dass man uns immer wieder Fleisch unterjubelte, aber wir vertrauen den seriösen Fastfood angestellten hier im Land jetzt einfach Mal. Da der Tag zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht vorbei war, entschieden wir uns kurzerhand die Zeit „sinnvoll“ zu nutzen und die Denver Premium Outlets zu besuchen. Laut Navi gab es diesen Ort gar nicht und auch die Straßen drum herum nicht, aber aus irgendeinem Grund war das Outlet-Center trotzdem da und sogar überraschend schick.
Aber so wirklich hatte das Shopping-Fieber uns auch hier noch nicht gepackt. Wir gingen zwar in einige Shops, aber mehr als ein Shirt und ein paar Schuhe sprangen dabei nicht heraus. Waren wir etwa krank? Oder immun gegen den Shopping-Virus? Wir beendeten den Tag jedenfalls mit Tacos beim Kickback-Abendessen in unserem Hotel und waren gespannt, was der nächste Tag in Denver noch für uns bereit halten würde.
Am Mittwochmorgen saßen wir dann nach dem Frühstück bei schönstem Sonnenschein in unserem Zimmer und fragten uns: was fangen wir mit dem heutigen Tag an? So wirklich Ziele für Sightseeing sprangen uns nicht gerade ins Gesicht und so entschieden wir uns für einen eher entspannten Tag, der mit dem Besuch zweier Retro-Games Läden etwas abseits von Denver-Downtown begann. Auf mysteriöse Art und Weise lagen beide Läden direkt neben Liquor-Stores und wir hatten beide ein ungutes Gefühl. Trotzdem stöberte ich durch das Angebot und wurde letztlich auch fündig. Danach ging es wieder auf den Highway und ab zum Pepsi-Center, einer Multifunktionshalle und Heimat der Denver Nuggets (NBA) und der Colorado Avalanche (NHL).
Dort wollten wir zur Mittagszeit an einer geführten Tour teilnehmen. Anita, der Tour-Guide, empfing und äußerst freundlich, feierte minutenlang, dass wir aus Deutschland kamen und scheiterte dann nahezu an der Bedienung eines iPads um uns Tickets zu verkaufen. Kein Wunder übrigens, wenn man die Kreditkarte nur etwa 2 Millimeter in den Kartenleser steckt. Aber was solls, letztlich schaffte sie es und wir bekamen einfach eine private Tour, da sonst keine weiteren Gäste auftauchten. Fast 90 Minuten wurden wir durch die Arena geführt (jedem vorbeikommenden Mitarbeiter wurde dabei freudig erzählt, dass wir aus Deutschland kommen) und es war einfach richtig interessant. Anita erzählte uns alle möglichen Anekdoten und man merkte, wie gern sie ihren Job machte. Es war uns schon unangenehm, dass wir kaum Fragen hatten, also dachte ich mir willkürlich Fragen aus oder erzählte von Sharki oder Hennes aus Köln (was Anita natürlich wahnsinnig spannend fand). Dafür berichtete sie dann vom Maskottchen der Nuggets (Rocky) und schwärmte von seiner Athletik und was für ein „funny Guy“ er doch wäre. Wenn zwischen den beiden nichts geht, dann weiß ich es auch nicht.
Wir verabschiedeten uns am Ende von ihr und verbrachten anschließend noch eine ganze Weile im Fanshop, weil ich mich nicht entscheiden konnte, was für Merchandise ich denn nun kaufen wollte. Letztlich wurde es ein Trikot und eine Cap und es ging wieder zu unserem Auto. In der Zwischenzeit hatte sich die Sonne verabschiedet und Wolken hatten das Steuer am Himmel übernommen. Was macht man, an unserer Stelle natürlich, wenn es bewölkt ist und man nichts mehr ansehen möchte? Richtig, man geht nicht in ein Museum sondern in ein Shopping-Center. Uns zog es noch einmal in die Colorado Mills, wo wir bereits am ersten Abend ein Stück weit enttäuscht waren. Ich gebe zu, es lag hauptsächlich an mir, weil ich unbedingt noch eine Vampir-Mr. Burns Figur haben wollte. Aber wer war letztlich auf einmal total im Shopping-Wahn? Sandra natürlich. Ich möchte da gar nicht näher drauf eingehen, aber es verging eine ganze Menge Zeit in bzw. für mich vor Umkleidekabinen. Wir mussten aber auch quasi einen ganzen Nachmittag totschlagen, denn erst um 18:30 hatten wir unsere nächste Verabredung, schließlich wollten wir noch zwei Escape Rooms spielen. In der Zwischenzeit hatte sich das Wetter aber nochmal verändert: plötzlich schneite es nämlich. Ja, richtig gelesen: Schnee. Erst war es nur ein leichtes Rieseln, aber als wir in der Stadt ankamen, war es richtiger Schnee geworden. Das ignorierten wir aber erst einmal für zwei Stunden, während wir auch die nächsten beiden Räume dominierte.
Man kann (und darf) jetzt gern die Frage stellen, wohin ich bzw. wieso wir beide so creepy gucken. Die Antwort: keine Ahnung. Hatten wir womöglich schon eine Vision, was uns vor der Türe erwarten würde? In den zwei Stunden hatte es sich nämlich richtig eingeschneit und wir traten in dichtem Schneetreiben unseren Heimweg an. Allerdings überkam uns wie aus dem Nichts der Hunger, also suchten wir auf dem Weg noch einen Burger King auf. Wir hatten uns das ja irgendwie verdient, immerhin hatten wir zwei Stunden lang unsere Gehirne angestrengt. Der Impossible Whopper schmeckte dann auch unverschämt gut, sodass uns der Anblick beim erneuten Aufbruch quasi gar nicht mehr störte. Dieses Schneegestöber erklärte aber womöglich, wieso wir vollkommen alleine essen konnten.
Der restliche Heimweg war dann genauso einsam und verschneit, aber klappte reibungslos und so endete auch der zweite komplette Tag in Denver. Und erneut war das Fazit: wir hatten eine gute Zeit.