Pisa – eine weltbekannte Stadt mit nicht einmal 100.000 Einwohnern, die einen großen Teil ihrer Berühmtheit einem Gebäude mit erheblichen baulichen Mängeln zu verdanken hat, die bereits vor mehr als 800 Jahren auftraten. Berlin und die Verantwortlichen beim BER streben also womöglich nur nach einer ähnlichen Relevanz. Aber zurück zur Stadt in der Toskana: Was hat Pisa außer einem schiefen Turm zu bieten? Und lohnt es sich überhaupt, da mal einen Abstecher hin zu machen?
Where to start?
Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Besuch von Pisa am Hauptbahnhof Pisa Centrale beginnt, ist relativ hoch. Schließlich liegt hier der Verkehrsknotenpunkt der Stadt und auch die fahrerlosen Züge PisaMover vom Flughafen (für 2,70 pro Strecke mit einfachem Ticketkauf am Bahnsteig) kommen hier nach nicht mal 10 Minuten Fahrzeit an. Wirklich zentral liegt der Bahnhof allerdings nicht. Wer ins historische Zentrum möchte, kann aber von dort aus den etwa 20 minütigen Fußmarsch antreten oder, wer lauffaul ist, den Bus für einen geringen Unkostenbeitrag nutzen.
Where to go?
Die Frage nach dem Point-of-Interest schlechthin in Pisa ist schnell beantwortet: die Piazza del Duomo. Wer schonmal irgendwo Bilder von Sehenswürdigkeiten in Pisa gesehen hat, der kann sich fast sicher sein, dass sie auf diesem großen Platz der Stadt entstanden sind. Denn scheinbar hat man sich im elften Jahrhundert gedacht, man haut mal richtig auf die Kacke und stellt nicht nur einen prunkvollen Dom in die Stadt, was ja irgendwie zum guten Ton gehört, sondern auch noch einen freistehenden Glockenturm, der heute als schiefer Turm von Pisa bekannt ist, einen monumentalen Friedhof und die größte Taufkirche der Welt. Warum die Stadtherren das damals gemacht haben? Na wahrscheinlich weil sie es einfach konnten, liegt doch auf der Hand. Dieser Platz ist auch als Piazza dei Miracoli bekannt, was aber natürlich nichts mit Nudelgerichten aus dem Supermarkt zu tun hat. Wenn man sich den Platz in ganzer Schönheit einmal ansieht, weiß man aber sehr schnell, wieso hier von Wiese der Wunder gesprochen wird.
Der Anblick kann wirklich einiges, auch weil die Grünflächen glücklicherweise gesperrt sind. So beschränken sich die Touristenmassen auf die vorgegebenen Wege. Abgesehen von den Bauwerken kann man hier aber auch noch ein ganz anderes Schauspiel begutachten, nämlich ach so kreative Menschen, die es immer noch für lustig halten, Fotos zu inszenieren auf denen es so aussieht, als würden sie den Turm halten. Kreativitätsfaktor Weißbrot, aber für Außenstehende durchaus amüsant zu beobachten.
Wer sich die architektonischen Meisterwerke nicht nur von außen ansehen möchte, dem sei empfohlen, im Vorfeld bereits online ( http://www.opapisa.it/en/tickets/ ) Ticktes zu buchen. So umgeht man Schlangen und kann den ganzen Aufenthalt ganz entspannt angehen und die asiatischen Reisegruppen geschickt umschiffen. Vor allem für die Besteigung des Turmes ist eine Reservierung sehr ratsam. Die Kosten belaufen sich auf EUR 18,00 zzgl. 5,00 je weiterem Monument. Die Kathedrale ist hingegen kostenlos. Der Blick vom Torre di Pisa über den Platz ist auf jeden Fall schön.
Tipp am Rande: Auf einem Stück Rasen im Schatten des Turm lässt es sich wunderbar chillen, wenn man mal etwas Ruhe haben und sich von der prallen Sonne erholen will.
Was Pisa sonst noch zu bieten hat? Leider nicht sehr viel. Die Straßen im historischen Stadtzentrum sind ganz nett, mehr aber auch nicht. Wer shoppen will, kann sich entweder auf der Corso Italia vergnügen, wo die üblichen Markenläden zu finden sind, oder muss sich mit den fliegenden Händlern und ihren Fake-Markensachen auseinandersetzen. Ansonsten gibt es noch die ein oder andere kleinere Kirche und eine von Keith Haring bemalte Wand. Klingt nach so wenig, wie es auch ist.
Where to eat?
In Pisa gibt es vor allem im historischen Stadtzentrum zahlreiche Restaurants, die zu großen Teilen italienische Küche anbieten. Mit Pizza und Pasta kann man in Italien sowieso fast nie etwas falsch machen, also im Zweifel einfach mal auf die Karte schauen und dort Platz nehmen, wo es einladend aussieht. Aber Achtung: in vielen Teilen Italiens, so auch in Pisa, ist es in Lokalen üblich, eine Nutzungsgebühr für Besteck, Gläser und Brot zu erheben. Diese hat den wohlklingenden Namen „Coperto“ oder „Cover Charge“ und muss auf der Speisekarte ausgewiesen sein. Da hier Preise von 2,50 EUR pro Person nicht unüblich sind, kann ein Schnapper-Menü schonmal eine ganze Ecke teurer werden. Auch beliebt: inkludiertes Trinkgeld in Höhe von 15% – wer dann nochmal zusätzlich Trinkgeld gibt, ist selber schuld. Beide dieser Fallen erwarten einen im „La Taverna di Pulcinella“ nicht. In dieser kleinen Pizzeria in einer Seitenstraße der Corso Italia kriegt man stattdessen super leckere Pizza mit gutem Service zu günstigen Preisen serviert – absolut empfehlenswert.
Zu guter Letzt noch ein ganz heißer Tipp: viele italienische Lokale schließen am Nachmittag. Wer also zu spät fürs Mittagessen und zu früh fürs Abendessen Hunger bekommt, der steht oftmals vor verschlossenen Türen und muss sich dann mit B-Ware zufrieden geben. Also Augen auf bei der Tagesplanung.
Where to sleep?
Hotels in Italien sind ein Thema für sich. Viele Häuser liegen deutlich unter mitteleuropäischem Standard bzw sind preislich so hoch angesiedelt, dass man vom bloßen hinsehen schon fast Nasenbluten bekommt. So ist es auch in Pisa. Allerdings kriegt ein Hotel trotzdem, nach ausgiebigem Test, eine Empfehlung von mir: Das NH Pisa. Dieses renovierte Hotel liegt unmittelbar gegenüber vom Hauptbahnhof und bietet für italienische Verhältnisse ein vernünftiges Preis-Leistungs-Verhältnis. Die Zimmer sind zwar klein, aber der Schlafkomfort ist gut und das Hotel eignet sich perfekt, wenn man Pisa und die Umliegende Toskana erkunden will. Aber Achtung: sowohl das Frühstück (überschaubar, aber von guter Qualität) als auch die Garage sind mit EUR 15 bzw 19 deutlich zu teuer.
Roundup
Pisa ist weltbekannt für seinen schiefen Turm, das weiß jedes Kind. Und wer einmal in Pisa war, weiß auch, wieso das Städtchen am Arno für nichts anderes bekannt ist, denn viel mehr gibt es einfach nicht zu sehen. Der schiefe Turm samt Dom und allem, was die Piazza dei Miracoli noch zu bieten hat, sind dafür uneingeschränkt sehenswert, auch wenn sich dort natürlich die Touristenmassen tummeln. Wer Zeit hat, sollte daher die frühen Abendstunden für einen Besuch nutzen, wenn der klassische Bus-Touri schon langsam wieder weggekarrt wird.
Sollte man Pisa aber nun aber wirklich für diesen einen Platz besuchen? In meinen Augen schon, denn diese Meisterwerke der Baukunst muss man einfach einmal selbst gesehen haben. Ganz abgesehen davon eignet sich Pisa sehr gut, um Ausflüge ins Umland zu machen und so die Küste, Florenz oder die wunderschöne Toskana zu erkunden, ohne den eigenen Standort ständig wechseln zu müssen. Tipps dafür findet ihr natürlich hier bei mir.