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Japan 2019: Tag 6 und 7 – Tokio ist schon ziemlich groß

Nach der vollen Dosis Kultur in Nikko, war es dringend nötig nochmal etwas Stadtleben aufzusaugen, sodass wir den Dienstag in voller Gänze Japans Hauptstadt widmeten. Bei bestem Wetter brachen wir erneut früh auf und machten uns als erstes auf den Weg zum „Hauptbahnhof“ um von dort aus zum Kaiserpalast zu laufen. Beim Verlassen des Bahnhofs wirkte alles extrem westlich, was aber nicht lange anhalten sollte. Denn nach einigen Metern zwischen Hochhäusern hindurch, gelangten wir auf eine große Freifläche in deren Mitte, von Wasser umgeben, das Areal des Kaiserpalastes lag.

Wie man sieht, liegt rund um das Palastgelände eine moderne Großstadt, sodass dieser Bereich mit seinen großen Gärten fast schon eine Art Ruheoase aus einer andere Zeit zu sein scheint. Den Palast selber haben wir nicht besichtigt, das dürfen pro Tag nur 600 Leute in zwei Durchgängen, für die man sich rechtzeitig anstellen muss, sodass wir uns mit den Gärten begnügt haben. Diese waren ganz schön, aber für meinen Geschmack irgendwie etwas zu städtisch angelegt mit breiten, asphaltierten Wegen.

Daher spazierten wir auch nur ein wenig umher und beobachteten zwischenzeitlich, wie Ameisen im Laub kleine Raupen umher schleppten, die sich nach Kräften wehrten aber keine Chance hatten. Anschließend verließen wir den Park an einer anderen Stelle und begannen den ersten großen Marsch des Tages. Denn anstatt, wie es wohl normale Touristen tun, die nächstgelegene Metro-Haltestelle zu suchen und die U-Bahn zu nutzen, entschieden wir uns dafür, all unsere Ziele des Tages zu erlaufen. Warum? Naja, zum einen weil das Wetter wirklich sehr schön war. Zum anderen aber auch, weil wir dafür nochmal ein extra Ticket hätten kaufen müssen. So ein Tagesticket hätte wahrscheinlich 5 Euro gekostet, aber das haben wir ja gar nicht eingesehen. So liefen wir erstmal etwa eine Stunde quer durch Tokio und teilten uns die Straßen derweil mit Geschäftsleuten, die in ihrer Pause aus dem Bürohäusern huschten um schnell etwas zu essen. Von dieser klugen Idee ließen wir uns natürlich inspirieren und holten uns auf dem Weg auch einen kleinen Snack, den wir dann im Park an unserem Ziel, dem Tokyo Tower, verspeisten. Um genau zu sein, liefen wir aber am Tokyo Tower vorbei und saßen letztlich vor dem Zojoji Tempel mit Blick auf den Turm. Definitiv ein schöner Ausblick voller Kontraste. Im Vordergrund ein alter buddhistischer Tempel, im Hintergrund moderne Architektur, die an den Eiffelturm im Ringelkostüm erinnerte.

Was an diesem Tempel aber noch bemerkenswert war, waren die zahlreichen kleinen Steinfiguren mit roten Mützen und Windrädern, die am Rande des Tempels aufgereiht standen. Wie eine der seltenen Hinweistafeln erklärte, sind dies Kinderfiguren, die dafür stehen, dass Kinder gesund und behütet aufwachsen und verstorbene Kinder in Frieden ruhen.

Frisch gestärkt mit Bildung und Nahrung wanderten wir dann weiter zu unserem nächsten Ziel: Roppongi Hills. Da ich mich vorher nicht großartig über das Viertel informiert hatte, machte ich Witze darüber, ob wir ins Beverly Hills von Tokio gehen würden, aber als wir nach weiteren 45 Minuten Fußweg dort ankamen, schien ich gar nicht so weit weg von der Wahrheit zu liegen. Denn plötzlich waren wir von Shops aller namhaften Luxus-Marken umgegeben und alles wirkte ziemlich exklusiv. Da wir bekanntlich in solchen elitären Gefilden nichts verloren haben, suchten wir schnellstmöglich den Weg zur Aussichtsplatform auf dem Mori-Tower, unserem eigentlichen Ziel. Dort schröpfte man uns erstmal ordentlich an der Kasse, aber wenn man schonmal da ist, zahlt man natürlich gerne neben dem Eintritt auch noch extra, um auf das noch höhere Sky-Deck zu gelangen. Quasi als Entschädigung landeten wir dann in einer Ausstellung zum Thema Pixar, die sogar ganz unterhaltsam war. Schon die Ausblicke über die Stadt von der „normalen“ Aussichtsebene waren beeindruckend, aber wirklich cool wurde es dann erst noch drei Stockwerke höher unter freiem Himmel. Auf dem Heliport des Gebäudes (soviel zum Thema Snob-Gegend) konnten wir umher gehen und die Aussicht in alle Richtungen genießen.

Abgesehen vom Blick in Richtung Wasser (siehe Titelbild), konnten wir nirgendwo erkennen, wo die Stadt aufhört. Da wurde uns nochmal so richtig bewusst, was für eine Mega-City dieses Tokio eigentlich ist. Am Abend dieses Tages konnten uns das wohl auch unsere Füße als Primärquelle berichten, aber so weit sind wir ja noch nicht.

Nach einem kurzen Verweilen über den Dächern der Stadt ging unsere Wanderung dann weiter. Diesmal hatten wir Shibuya als Ziel, das Hippe-Szeneviertel überhaupt. Glücklicherweise lag das quasi nebenan, sodass wir nur knapp 40 Minuten zu Fuß unterwegs waren. Zu dem Zeitpunkt liefen meine Beine quasi vollkommen autonom. Hätte man mich hochgehoben, wären sie wahrscheinlich einfach weiter gelaufen, auch ohne Kontakt zum Boden. Da mich in Japan aber niemand hochheben kann, konnten wir das leider nicht ausprobieren. Irgendwann kamen wir dann in Shibuya an, genauer gesagt am Bahnhof, der direkt an der weltbekannten Shibuya-Kreuzung liegt. Diese Kreuzung ist oftmals das Sinnbild für die Menschenmassen in Tokio, denn alle Fußgänger kriegen hier mit einem mal Grün und setzen sich in alle möglichen Richtungen kreuz und quer in Bewegung. Vor allem von oben ist das definitiv ein sehenswertes Schauspiel. Als wir dort waren, war es allerdings noch relativ ruhig. Vor allem zur abendlichen Rush-Hour ist dort um einiges mehr los und teilweise überqueren mehrere Tausend Menschen auf einmal diese Kreuzung.

Wie man sieht, neigte sich zu diesem Zeitpunkt der Tag schon so langsam dem Ende entgegen, aber wir waren noch nicht fertig – unsere Füße und Beine allerdings schon ziemlich. Also fuhren wir ausnahmsweise mal eine Station mit der S-Bahn um uns noch eine Schrein-/Tempelanlage anzuschauen. Diese lag, obwohl mitten in der Stadt, inmitten eines großen Waldes und wirkte entsprechend idyllisch und ruhig.

Dummerweise wussten wir das gar nicht mehr so wirklich zu schätzen, denn sowohl die ewigen Märsche des Tages als auch die zahlreichen Tempel und Schreine der letzten Tage hatten ihre Spuren hinterlassen: wir hatten uns satt gesehen. So verließen wir nach einem kurzen Aufenthalt die Anlage wieder und wanderten stattdessen eine gefühlte Ewigkeit durch Shibuya, nur weil ich dort zu einem Spielzeugladen wollte. Als ich dann im Geschäft drauf und dran war zu gehen, ohne etwas zu kaufen, merkte ich förmlich, wie Sandra versuchte mich mit ihren Gedanken zu strangulieren. Also kaufte ich doch noch eine Figur und wir machten uns auf den Weg zu unserem Abendessen. Nach den Sättigungs-Enttäuschungen der Vortage wollten wir es diesmal bei einer altbekannten Adresse versuchen: Hooters. Ja, richtig gelesen, auch in Japan gibt es Hooters. Und so freundlich und quietschig wie dort, wurden wir noch nirgendwo begrüßt. Jede Bedienung im ganzen Laden begrüßte uns mit „Welcome to Hooters“. Zu unserer Erleichterung sah die Karte dann sogar so aus wie in den USA und das Essen war ganz genau so mittelmäßig. Aber auch hier galt: satt gibt es scheinbar in diesem Land nicht. Doppelt bitter: dies war bis dato das mit Abstand teuerste Essen in Tokio. Aber immerhin sprach unsere Bedienung Yuki zumindest ein wenig English und so gab es zumindest mal den Hauch von Kommunikation mit Einheimischen. Zum Abschluss ging es dann mit der üblichen S-Bahn zurück Richtung Hotel und mit dem klassischen 7Eleven Gebäck zur Sättigung ging der Tag nach insgesamt knapp 23 Kilometern zu Fuß quer durch Tokio zuende.

Ein solcher Halbmarathon in Sneakers erfordert natürlich im Nachgang wohl durchdachte Regenerationsmaßnahmen. Daher schliefen wir am Tag danach erstmal aus, gingen dann unser übliches Blätterteig-Früchte-Sahnefrühstück verspeisen nur um uns danach nochmal ein regeneratives, dreistündiges Nickerchen zu gönnen. Statt danach erholt und voller Tatendrang zu sein, waren wir eher ermattet und total gerädert. Das graue Wetter vor der Tür tat wohl sein übriges dazu, aber trotzdem schafften wir es irgendwann uns aufzuraffen – mittlerweile war es allerdings schon nach 15 Uhr. Trotz der fortgeschrittenen Tageszeit ließen wir es erstmal ruhig angehen, schauten uns die andere Seite von „unserem“ Bahnhof in Otsuka an und stärkten uns mit Snacks vom dortigen 7Eleven. Dabei entschied ich mich, neben einem delikaten Sandwich, für ein Stückchen gebackenen Käsekuchen. Es konnte ja beim besten Willen niemand damit rechnen, dass Käsekuchen in Japan tatsächlich nach Käse schmeckt – und zwar nicht nach leckerem. Wenn Japaner eins nicht können, also außer groß sein, Englisch und vegetarisch, dann ist es definitiv Gebäck. Für uns ging es natürlich trotzdem weiter und zwar nach Akihabara. Womöglich werdet ihr euch erinnern: Kaufrausch in Electric City am ersten vollen Tag. Ich wollte nochmal hin, um auch sicher zu gehen, dass ich keinen coolen Stuff übersehen hatte und Sandra ließ sich dazu breit schlagen. So stöberten wir erneut durch zahlreiche Läden mit Kram von Retro Spielen über Manga-Figuren bis hin zu zwielichtiger Japan-Erotik, die man immer mal wieder dazwischen mogelte. Am Ende standen wieder einige Neuzugänge für das Konsolenmuseum Zuhause und die bange Frage: wie soll ich das eigentlich alles in meinen Koffer bekommen?

Da es mittlerweile bereits dunkel geworden war (es war also ein echt langer Tag für uns) fuhren wir erstmals mit der Tokio Metro (diesmal waren wir nicht zu geizig für ein Einzelticket) nach Asakusa, wo wir sowohl zu Abendessen wollten als auch noch einmal unseren ersten Tempel-/Schreinkontakt im Dunkeln zu wiederholen. Sandra hatte erneut viel Mühe in die Suche eines Restaurants gesteckt und damit Erfolg. In einem von außen unscheinbaren, von innen aber sehr stylischen Lokal bekam ich doch tatsächlich einen richtig leckeren Burger serviert – damit hätte niemand gerechnet.

Und auch mit dem, was uns in Asakusa erwartete, hätte ich nicht gerechnet. War es bei unserem ersten Besuch wahnsinnig voll, war es nun fast völlig leer. Vereinzelt stromerten ein paar Touristen umher, aber im Grunde konnten wir die Anlage fast alleine besichtigen. So gefiel es mir dort direkt viel besser, als beim ersten Mal – und das obwohl wir in der Zwischenzeit weiß Gott reichlich andere Tempel gesehen hatten.

Zu guter Letzt spazierten wir zurück zu unserem Lieblingsbahnhof in Ueno, um ein letztes Mal zurück ins Hotel zu fahren. Denn, erstaunlicherweise, war dies unser letzter Tag in Tokio. So verabschiedeten wir uns mit einem letzten Snack-Einkauf bei unserem treuen 7Eleven um die Ecke und verbrachten den Abend im Hotel mit Bloggen, Chillen und Koffer packen (und ja, es hat irgendwie alles in den Koffer gepasst, auch wenn niemand weiß wie das möglich war).

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