Auf einen Off-Day musste natürlich direkt mal wieder etwas Action folgen, also entschieden wir uns am Montag erneut für einen Tagesausflug. Diesmal machten wir uns wieder morgens mit dem Zug auf den Weg, diesmal aber nicht mit der Bimmelbahn, sondern nach einer kurzen (für Tokio-Verhältnisse sind 20 Minuten quasi nichts) S-Bahn Fahrt mit dem Shinkansen Richtung Nikko. Was wie die Schreibweise eines männlichen Vornamens wahlweise im Ruhrgebiet oder in Ostdeutschland aussieht, ist in diesem Fall eine kleine japanische Stadt auf dem Land, die eine UNESCO Weltkulturerbe-Stätte beheimatet. Mit dem Schnellzug ging es erst einmal 45 Minuten raus aus Tokio, natürlich inklusive einem klassischen Zug-Nickerchen, bevor wir dann gezwungenermaßen mit reichlich anderen Touristen in die Bimmelbahn nach Nikko umsteigen mussten. Erneute ca. 50 Minuten später erreichten wir dann den kleinen Ort, separierten uns erst einmal schnellstmöglich von unseren Mit-Deutschen und liefen zu den historischen Stätten. Zunächst trafen wir dabei auf die heilige Brücke der Stadt, die aber deutlich unscheinbarer daher kam, als man es bei so einer Bezeichnung erwarten würde.
Direkt hinter der Brücke führten dann Treppen zum UNESCO Weltkulturerbe, nämlich der Schrein- und Tempelanlage von Nikko. Spätestens an diesem Punkt werdet ihr euch wohl die Frage stellen: Was zur Hölle ist denn bitte der Unterschied? Ich habe mich das auch gefragt und herausgefunden, dass das schlicht und ergreifend mit den zugrunde liegenden Religionen zu tun hat. Japan hat nämlich zwei quasi gleichberechtigte Religionen und die Japaner sind einfach Anhänger von beiden, nämlich dem Shintoismus und dem Buddhismus. Daher gibt es auch shintoistische Schreine und buddhistische Tempel. Und da beide Religionen friedlich co-existieren, teilt man sich oftmals auch religiöse Areale, so auch in Nikko. Während am Anfang des Geländes direkt ein großer buddhistischer Tempel zu bestaunen war, folgte danach ein wirklich beeindruckender Schrein, der wohl einer der berühmtesten in ganz Japan ist, inmitten eines Waldes von riesiger Sicheltannen.
Das markante Tor hier im Vordergrund, das sogenannte Torii, ist übrigens ein klassisches Eingangstor, wie es jeder shintuistische Schrein als Übergang von der hiesigen in die mystische Welt besitzt. Die Gebäude insgesamt waren schlichtweg eindrucksvoll und voller detaillierter, vielseitiger Verzierungen. Auf dem heiligen Stall des Areals fanden sich auch Affen wieder, die wohl jeder von uns aus seinem Emoji Vorrat aus dem Smartphone kennt.
Es handelt sich hierbei um die in Nikko als heilig verehrten Japan-Makaken, welche nichts Böses sehen, hören oder sagen wollen und hier die Bedeutung „über Schlechtes weise hinwegsehen“ haben. Bei uns in Whatsapp allgegenwärtig, aber schon im Mittelalter in Nikko auf einem unscheinbaren Gebäude präsent. Ansonsten sind die Gebäude auf dem Gelände aber alles andere als unscheinbar und wirklich sehenswert.
Nach einer ganzen Weile zwischen den verschiedenen Schreinen und Tempeln in Nikko, überkam uns der Hunger und wir machten Rast in einem Lokal im Ort. Dort wurden wir, wie man es aus Filmen kennt, auf den Boden gesetzt und bekamen unser Essen auf den sehr bodennahen Tischen serviert. Ich muss kein Geheimnis daraus machen, dass ich damit Probleme hatte, meine langen, ungelenken Beine ohne Krämpfe unter dem Tisch unterzubringen. Das typisch japanische Essen war dann so, wie wir es bereits zur Genüge kennengelernt hatten: geschmacklich eigentümlich aber nicht schlecht, aber eine Menge wie bei der Rentnerportion zuhause. Frisch gestärkt machten wir uns dann wieder auf den Heimweg, aber nicht ohne in Tokio noch einen kurzen Abstecher vom Umsteigebahnhof aus zu machen. Beim Bummel durch Ueno wurden wir dann überrascht. Inmitten einer Einkaufsstraße mit allerhand Geschäften ging plötzlich eine Treppe nach oben und siehe da: ein Schrein. Mitten zwischen Neonreklamen und Geschäften versteckte sich ein kleiner religiöser Zufluchtsort – typisch Tokio.
Die ganze Gegend sonst erinnerte aber noch viel mehr an das Tokio, was man sich so vorstellt: voll, geschäftig, bunt und rastlos. Ganz genau so präsentierte sich die Shopping-Straße am Bahnhof Ueno. Und auch wenn ich so etwas normalerweise ja nicht mag, passt es hier in Tokio einfach irgendwie ins Bild.
So endete dann ein Tag, den wir größtenteils im Zug (insgesamt knapp 5 Stunden) und auf dem „Land“ verbracht haben doch noch mit einigen richtig urbanen Eindrücken. Und so war dann auch, natürlich nach dem obligatorischen 7Eleven Abendessen mit Gebäck voller Sahne und sonstigen Leckereien, ein weiterer Tag vorbei.