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Japan 2019: Tag 3 und 4 – Kamakura und erster Off-Day

Auch am zweiten Morgen war der Jetlag noch allgegenwärtig und als der Wecker um 7 Uhr klingelte, fühlte sich das verdammt falsch an. Aber was will man schon machen, wenn man im Urlaub auch was sehen will und für den Tag einiges geplant hat? So quälten wir uns aus dem Bett und zum Frühstück und stapften anschließend semi-wach zu unserem Bahnhof vor der Haustür um unseren Tagesausflug zu beginnen. Bei strahlendem Sonnenschein hatten wir nämlich die Kamakura Region südlich von Tokio als Ziel. Klingt so richtig japanisch und genau das sollte es auch sein.

Aber der erste „Schock“ sollte nicht lange auf sich warten lassen, denn als wir umstiegen und den Zug nach Kamakura betraten, sah dieser einfach exakt genau so aus wie die S-Bahn, die im Kreis durch Tokio fährt. Sollten wir nun tatsächlich eine Stunde in der Bahn stehen, als würden wir im Berufsverkehr mit der KVB Linie 18 vom Neumarkt bis nach Bonn fahren? Mit dieser Vorstellung konnte und wollte ich mich nicht anfreunden und glücklicherweise entdeckte ich nach kurzer Fahrt einen Wagen mit Sitzplätzen der ersten Klasse, für die wir ja glücklicherweise mit unserem Japan Rail Pass bezahlt hatten. So konnten wir doch noch einigermaßen komfortabel den Tag beginnen.

Unser erster Halt war dann in Zushi, direkt an der Küste. Nein, kein Schreibfehler, sondern der Ort heißt wirklich so. Dort spazierten wir einige Minuten durch die Straßen bis wir am Strand ankamen und am Horizont auch schon den Grund erblickten, weshalb wir überhaupt dort waren: den Mount Fuji. Der mit fast 3800 Metern höchste Berg Japans zeigte sich schneebedeckt aber in voller Pracht und ich kann absolut verstehen, wieso dieser Vulkan verehrt wird und mittlerweile sogar zum UNESCO Weltkulturerbe gehört – einfach ein eindrucksvoller Anblick, auch wenn er so weit weg ist.

Danach ging es zurück zum Bahnhof und zwei Stationen zurück. Dort stiegen wir wieder aus und begannen einen kurzen Spaziergang zum großen Schrein von Kamakura. Die Anlage war insgesamt wirklich schön und wir bekamen das erste Mal einen Eindruck, wie schön und idyllisch Tempel und Schreine in Japan eigentlich liegen können.

Anschließend stiegen wir den kurzen Weg wieder herab, liefen an ein paar kleineren Tempeln vorbei und begannen dann eine eher ungeplante Wanderung durch die hügelige Landschaft von Kamakura, denn im uns inspirierenden Blog war lediglich von einem kurzen Spaziergang die Rede, in Wirklichkeit ging es aber doch eine ganze Weile quer durch die Wälder über Stock und Stein. Prinzipiell kein Problem, aber durchaus anstrengend und gleichzeitig ganz schön nervig, wenn asiatische Reisegruppen in feinen Sonntagssachen und französische Familen mit einem Tempo unterwegs sind, das selbst Oma mit dem Rollator als zu langsam erachten würde. Letztlich erreichten wir aber trotzdem wieder das Tal und stattetem dem großen Buddha noch einen Besuch ab. Dieser Homeboy zog deutlich mehr Touristen an als die vorangegangenen Tempel und Schreine, sodass ich es schon als störend empfand. Auch davon abgesehen fand ich das Gelände um den Buddha herum nicht sonderlich ansprechend, aber um mal kurz vorbeizuschauen war es schon in Ordnung.

Wir haben den Kumpel dann einfach wieder mit den anderen Touristen allein gelassen und sind einige Meter weiter zum Tempel von Hase-dera gelaufen. Auch dort war es voll, doch auf der relativ weitläufigen Anlage verlief es sich recht gut. So konnten wir ein wenig rumspazieren und auch diese drei kleinen Kameraden am Wegesrand entdecken.

Ziemlich abgekämpft vom Tag machten wir uns danach aber noch nicht auf den Heimweg. Stattdessen tourten wir mit dem Zug weiter zur Halbinsel Endoshima. Irgendwie flashte es uns dort aber nur bedingt, denn der Fuji hatte sich mittlerweile, schüchtern wie er ist, hinter Schleierwolken versteckt und die Halbinsel an sich war uns, nett ausgedrückt, einfach zu voll.

So genossen wir nur ein wenig die Sonnenstrahlen am Meer, bevor wir uns auf die etwa 1,5 Stunden Heimweg nach Tokio machten. Im Zug boten wir dann sicherlich ein amüsantes Bild für unsere asiatischen Mitreisenden, denn wir schafften es beide nicht, wach zu bleiben und ich will gar nicht wissen, welche merkwürdigen Grimassen vor allem ich im Schlaf gezogen habe. Endlich wieder in Tokio angekommen suchten wir im Bahnhof direkt etwas zu essen. Da sowohl vegetarische Restaurants als auch englischsprachige Japaner hier äußerst rar sind, gestaltete sich diese Suche als Herausforderung. Letztlich landeten wir bei einem Thailänder, der immerhin ein vegetarisches Gericht auf der Karte hatte. Die Bestellung klappte mit Zeigen auf Bilder auch noch ganz passabel, was dann aber folgte, war ein Trauerspiel in drei Akten. Akt 1 umfasste das Servieren von Sandras Gemüsespeise – ohne die bestellte Reisbeilage. Akt 2, nach einer Pause von etwa 25 Minuten, beinhaltete dann die Fortsetzung durch das Bringen meines bestellten Gerichtes – erneut ohne Beilage. Erneut ca. 10 Minuten später folgte dann das große Finale, nachdem Sandras Teller bereits leer war und meiner so gut wie: Der Reis wurde gebracht. Was für ein Drama – Trennkost auf japanisch. Dass wir danach natürlich nicht gesättigt waren, liegt wohl auf der Hand. Aber immerhin war es ganz lecker. Zum Abschluss des Tages statteten wir unseren Freunden bei 7Eleven nochmal einen Besuch ab, snackten etwas Gebäck und dann gönnte ich mir per Livestream noch die samstägliche Bundesligakonferenz – ein bisschen Heimat muss schließlich auch in Japan sein.

Nach so viel Bewegung auf einmal, wurden wir fast schon klassisch und legten Sonntag einen Ruhetag ein, wie er im Buche steht. Nur zum Frühstück aufgestanden, danach wieder für ein ausgiebiges Nickerchen hingelegt bevor wir dann am frühen Nachmittag so langsam mit der Tagesplanung begannen. Da es draußen trist und grau war, entschieden wir uns aus irgendeinem Grund für einen Besuch im Zoo – eine dumme Idee. Denn so einen traurigen Zoo habe ich zuvor selten gesehen. Die Gehege waren klein und heruntergekommen und die Tiere wirkten größtenteils apathisch oder verhaltensgestört. Ohne uns alles anzusehen, verließen wir den Zoo wieder und gingen stattdessen in ein veganes Restaurant essen. Es wiederholte sich die Geschichte der Tage zuvor: geschmacklich gar nicht schlecht, aber viel zu wenig zum satt werden. Liegt es daran, dass die Japaner alle so klein und hager sind? Man könnte es fast vermuten. So zelebrierten wir erneut nur noch das abendliche 7Eleven Ritual und ich ließ den Abend mit Bundesliga-Fußball ausklingen. Was für ein entspannter Urlaubstag – sowas muss ja auch mal sein.

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