Der Tag in Ottawa begann mit einem typisch amerikanischen Frühstück in Kanada: Toast, süßes Gebäck, O-Saft aus Trinkpäckchen, Styroporgeschirr und englisch Muffins mit Schinken oder Speck, natürlich auch nochmal extra verpackt. Eine Unart, die man sich hier in Nordamerika wirklich mal abgewöhnen sollte. Nach dem Frühstück und dem Check-Out holte ich dann das Auto vom 300 Meter entfernten öffentlichen Parkplatz und fror mir dabei echt den Arsch ab. Wo war die Wärme auf einmal hin? Vielleicht wirkte sich die Kälte irgendwie auf meine Wahrnehmung aus, jedenfalls fuhr ich dezent bis zum Hotel falsch herum durch eine Einbahnstraße, bis mich ein freundlicher Kanadier darauf aufmerksam machte. Erst dann wurde mir klar, dass in meiner Fahrtrichtung überhaupt keine Ampeln waren. Naja, ist ja gut gegangen und wir begaben uns wieder auf die Straße, diesmal Richtung Nord-Westen mit dem Algonquin Provincial Park als Ziel.
Die Fahrt verlief ruhig und langsam, wie man es hier oben kennt. Wozu sollte man auch schneller als 80 km/h fahren wollen, wenn alles unendlich weit auseinander liegt? Trotzdem kamen wir nach etwa 2,5 Stunden wohl behalten am Parkeingang an. Das muss man sich mal reinziehen: Hier fährt man mal eben 2,5 Stunden wie selbstverständlich während man zuhause in der Zeit bis nach Holland ans Meer und das als halbe Weltreise erachtet. Abgefahren, oder?
Im Park selbst gab es dann nur noch ein Thema: die Natur Kanadas. Schon die erste kurze Wanderung von gut 2 Kilometern ließ erahnen, was uns noch erwarten würde.
Aber dieser kleine „Teich“ war wirklich nur der Anfang. Schier unendliche Wälder, lediglich durchzogen von einer Straße, einzelnen Flüssen und ein paar Seen soweit das Auge reicht, sollten uns den Rest des Tages begleiten. Wir wanderten durch Wälder, bergauf und bergab, um einfach die herrlichen Ausblicke über die Wälder des Parks zu bestaunen.
Für meinen Geschmack und als passionierter T-Shirt Träger hätte es gern ein paar Grad wärmer sein dürfen, aber wir hatten auch heute wirklich Glück mit dem Wetter. Genauso hatten wir Glück, dass es im Hotel in Ottawa Lunch-Pakete zum mitnehmen gab, da wir ansonsten wahrscheinlich im Park verhungert oder dem Kannibalismus verfallen wären. Erste Tendenzen zu hungerbasierten Verhaltensstörungen gab es auch so schon im späteren Verlauf des Tages.
Insgesamt war die Schönheit der Natur wirklich einmalig. Wir durften wirklich erleben, wofür Kanada auf der ganzen Welt bekannt und beliebt ist, auch wenn wir im Algonquin Park nur einen wirklich kurzen Eindruck erhalten haben. Leider konnten wir, trotz intensiver Suche und kreativen Lockrufen, keine Bieber und Bären finden, aber zumindest einen Elch konnten wir an einem Wasserloch in Straßennähe begutachten und das ist ja auch nicht zu verachten.
Die restliche Fahrt, der Sonne entgegen, bis zu unserem nächsten „Hotel“ in Huntsville war dann nur noch ein Katzensprung. Vor Ort mussten wir dann feststellen, dass unsere Unterkunft mittlerweile einen anderen Namen trug und von außen durchaus an das gruselige Hotel in Scarborough erinnerte.
Auf dem Weg zum Check-In alberten wir dann noch rum, dass auch dieses bestimmt von einem Teil der indischen Familie aus Maine geführt wird. Als dann wirklich ein Inder am Empfang saß, mussten wir uns das Lachen echt verkneifen. Das ist scheinbar hier oben deren Ding.
Wir brachen aber nahezu umgehend wieder auf, da sich doch bei allen Beteiligten der Hunger bemerkbar machte. In einer örtlichen Lokalität (ausnahmsweise mal keine der großen Fastfood Ketten – man lese und staune) kehrten wir ein und gönnten uns richtig gesundes Essen. Exemplarisch sei an dieser Stelle mein Hauptgericht genannt: Pepperoni and Bacon Pizzaburger with Fries. Es ist genau das, wonach es klingt: Ein Burgerpatty umhüllt von Pizzateig, Käse, Salami und Speck, garniert mit Pommes. Allein beim Schreiben spüre ich schon, wie meine Arterien langsam verfetten. Da es zum Nachtisch auch noch einen überdimensionalen Cookie mit Schoko- und Karamellsauce sowie Vanilleeis gab, bekommt die Herzverfettung auch noch Gesellschaft von Diabetes. Aber uns geht’s allen gut, so albern wie wir alle vier nach dem Essen unterwegs waren. Dass der Humor dabei eher auf pubertärem Niveau angesiedelt war, sollte fast selbstverständlich sein. Alles in allem also ein absolut gelungener Tag.
Der Meister des Gegenverkehrs!