Ein neuer Tag, ein neues Waffel-Frühstück und schon saß ich wieder am Steuer – man will ja schließlich im Urlaub auch etwas sehen. Also ging es gen Osten durch den schönen Staat Washington. Nur knapp zwei Stunden später, für amerikanische Verhältnisse also fast ein Ausflug zum Supermarkt, tauchte am Horizont das Tagesziel von Dunst umgeben auf: Mount Rainier. Der fast 4.400 Meter hohe Vulkan ragt fast alleine aus der Landschaft und schon von Weitem lassen seine schneebedeckten Hänge erahnen, was für ein Riese der Gute eigentlich ist.
So wirkliche Erwartungen hatten wir an diesen Nationalpark nicht, aber was uns dann vor Ort erwartete, war einfach nur der Hammer. Grüne Wälder, immer wieder an den zahlreichen Gletschern entstehende Bäche, die sich den Weg ins Tal suchten, Wiesen voller Wildblumen – die Natur rund um den Mount Rainier zeigte sich von ihrer besten Seite und wollte uns scheinbar einmal vor Augen führen, was sie eigentlich so alles drauf hat.
Dass dann auch noch das Wetter in Perfektion mitspielte, rundete das Gesamtbild dann endgültig ab. Was man so bezüglich des Mount Rainiers lesen konnte, ist vor allem der Gipfel ein ziemlich schüchterner Zeitgenosse und versteckt sich liebend gern in Wolken, sodass man ihn nur selten zu Gesicht bekommt. Während wir vor Ort waren, hatte er aber scheinbar einen exhibitionistischen Tag, denn von Wolken war weit und breit nichts zu sehen.
Ich bin ja beim besten Willen kein Naturbursche oder Wanderer, aber lockere Spaziergänge auf kurzen Trails im gesamten Park luden selbst mich dazu ein, mich ein wenig aus freien Stücken zu bewegen, ohne ein Shoppingcenter oder eine Fast Food Bude als Ziel zu haben. Klingt verrückt, aber auch ich lasse mich ab und zu von schönen Anblicken in der Natur fesseln. Vor allem dann, wenn sich Postkartenmotive fast schon aufdrängen und ich nur noch den Auslöser drücken muss, um wunderbare Fotos zu schießen.
Ich muss zugeben, Mount Rainier ist wirklich fotogen, auch wenn er sich im gesamten Nationalpark doch ziemlich in den Mittelpunkt drängt. Wer so etwas Besonderes ist, dem sei so viel Rampenlicht gegönnt. Und trotzdem habe ich das Gefühl, dass dieser fantastische Park in Deutschland noch ziemlich weit unter dem Radar fliegt – und vor allem ganz klar im Schatten des Yosemite Nationalparks. In meinen Augen sollte sich da mal etwas ändern, denn auch wenn beide Naturwunder nur schwer zu vergleichen sind, hat der Mount Rainier es zweifellos verdient, auch ein Stück vom Aufmerksamkeits-Kuchen abzukriegen.
Ich für meinen Teil empfand den Tag als absolutes Highlight und bin froh, dort gewesen zu sein. Der weitere Weg des Tages führte dann noch ein Stück weiter bis nach Yakima, dem Hopfen-Zentrum der USA (weil ich ja voll der große Bierexperte bin). Wie wahnsinnig vielfältig die Landschaften in den Vereinigten Staaten sein können, wurde uns dann mal wieder fast schon aufdringlich vor Augen geführt: kaum hatten wir das saftige Grün der Umgebung des Mount Rainier hinter uns gelassen, bahnten wir uns den Weg durch völlig trockene und karge Täler bis ins Yakima Valley, welches jetzt auch nicht gerade mit seiner üppigen Vegetation zu glänzen wusste. Dafür wurden wir in unserer Unterkunft äußerst freundlich empfangen und konnte gleich nebenan in einem mexikanischen Restaurant mehr als reichlich dinieren, nur um anschließend zusammen mit den sanitären Anlagen unseres Hotelzimmers zu leiden – so wie es sich im Anschluss an mexikanisches Essen nunmal gehört. Aber hey, wir haben ausnahmsweise ein richtiges Restaurant besucht, das sollte hier auch mal besonders hervorgehoben werden. Genau wie die Tatsache, dass auf dieser Autofahrt keinerlei Lebewesen zu Schaden gekommen sind.