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USA/Kanada 2018: Mit den Bergen im Rücken in Richtung Süden

Das Positive zuerst: wir haben die Nacht in unserer Ausweich-Kaschemme unbeschadet überstanden und konnten am Donnerstagmorgen nach einem Frühstück mit Donuts vom Vortag (wieso sollte man uns in so einer Bruchbude auch ein Frühstück servieren) endlich auschecken und diese Absteige verlassen. Wer sich also bereits zähnefletschend auf den Weg gemacht hat, um Rache für mein Ableben zu nehmen, den muss ich leider enttäuschen. Fast wäre es aber doch soweit gewesen, denn beim Verlassen des Hotel-Parkplatzes bog ich beinahe in den Gegenverkehr ab – einmal pro Urlaub gehört das ja irgendwie dazu, oder?

Da wir im Grunde nahezu alles, was wir in den großen Nationalparks sehen wollten, bereits an den Vortagen abgegrast hatten, blieb uns nur noch eine Mission: Sandra’s search for bears. Was wahlweise nach einer Sendung auf DMAX oder dem Titel eines wahnsinnig kitschigen Liebesromans klingt, beschreibt einfach treffend unsere Aktivität: durch den Nationalpark fahren und Bären suchen. Da man angeblich auf dem Weg zum Maligne Lake, der wichtigsten Sehenswürdigkeit des Jasper Nationalparks, häufig Bären antreffen kann, fuhren wir direkt nach dem Start die knapp 50km bis zum See und hatten dabei die Augen mehr in die Wälder an der Straße als auf die Straße selbst gerichtet – ein Hoch auf den eingebauten Spurhalte-Assistenten in unserem Jeep. Leider kamen wir aber irgendwann ohne Begegnung der bärigen Art am See an. Zumindest dieser war ganz schön, auch wenn er nicht so wirklich an die Highlight-Seen der vorherigen Tage heranreichen konnte.

Um nicht ganz tatenlos wieder zurück zu fahren, entschieden wir uns für eine kleine Wanderung am Seeufer entlang und durch den angrenzenden Wald. Schon wenige Meter nach dem Start dann die Überraschung: auf der anderen Seite des Sees tauchte ein Elch am Ufer auf und entschloss sich dazu, erst etwas zu trinken und dann ein Bad zu nehmen.

Trotz einiger Spanner um ihn herum, ließ er sich nicht beirren und genoss das erfrischende Wasser. Er schien also keinesfalls schüchtern zu sein. Wir setzten anschließend unseren Spaziergang fort und marschierten mitten durch den Wald. Auch dort trafen wir auf den ein oder anderen Vogel, ein paar Eichhörnchen aber leider wieder nicht auf Bären. Da der Maligne Lake ansonsten schon ziemlich touristisch aufgemacht ist und wir auch irgendwie genug gesehen hatten, machten wir uns wieder auf den Weg nach Jasper Village. Aber leider ließ sich Meister Petz auch diesmal nicht auf ein Date mit uns ein, sodass wir unverrichteter Dinge wieder am Ausgangspunkt des Tages ankamen. Aus Frust ging es dann erst einmal zu Subway, wo wir ein Sandwich aßen und für später gleich noch ein Dutzend Cookies dazu – man muss ja für ausreichend Verpflegung sorgen. Schließlich bummelten wir dann noch etwas durch die zahllosen Ramsch-Souvenir-Läden in Jasper, bevor wir dann die Nationalparks endgültig hinter uns ließen. Wirklich weit kamen wir allerdings nicht, denn kaum waren wir losgefahren, senkten sich vor unserer Nase die Schranken des Bahnüberganges der Stadt und wir konnten einem Güterzug geschlagene 10 Minuten dabei zusehen, wie er gemütlich an uns vorbei fuhr. Und auch danach wollte es nicht so richtig flutschen, denn nur wenige Minuten später hieß es wieder warten. Diesmal gab es Bauarbeiten auf dem Highway und wieder gingen 15 Minuten ins Land, bevor die Baustellen-Ampel auf Grün sprang. Ab dann lief es aber wie geschmiert – kein Wunder, fuhren wir doch von den Touristen-Attraktionen weg ins Niemandsland. Dabei gelang uns dann auch eine kleine Zeitreise, denn kaum hatten wir um kurz nach 16 Uhr die Grenze nach British Columbia überquert, war es wieder kurz nach 15 Uhr. Und da heißt es immer, Reisen in die Vergangenheit seien nicht möglich. Banausen. Gebracht hat uns dieser Zeitsprung hingegen nichts, denn trotzdem fuhren wir noch gut 1,5 Stunden bis zu unserer nächsten Unterkunft in Tete-Jaune-Cache. Kennt ihr nicht? Lohnt sich auch nicht kennenzulernen, denn de facto ist es nicht einmal ein richtiger Ort. Unsere Lodge allerdings lag direkt am Fluss und war gleichermaßen idyllisch wie einfach.

Sie war sogar so einfach, dass der Handyempfang quasi nicht vorhanden war und das WLAN mit Internet auch reichlich wenig zu tun hatte. Mancher würde es auch Hölle auf Erden nennen. So gingen wir dann aber erstmal in das Lokal vor Ort zum Abendessen und wurden schnell geschockt. So akzentvolles Englisch wie der Kellner sprach, musste er Deutsch sein. Und als er am Nebentisch mit Gästen dann deutsch sprach, wurde uns klar, dass wir recht hatten. Aber dabei blieb es nicht. Unser Deutschen-Radar kam gar nicht mehr zur Ruhe, denn nach und nach kamen immer mehr Gäste in das kleine Lokal – allesamt aus unserem Heimatland. Scheinbar wurden unsere Landsleute von diesem Lokal angezogen wie Motten vom Licht, denn im Gegensatz zu uns wohnten die meisten Gäste nicht in der kleinen Lodge, sondern reisten extra an. Wir aßen daher nur schnell auf und flüchteten dann schnellstmöglich, bevor jemand mit uns reden wollte. Den Rest des Abends verbrachten wir dann ruhig auf dem Zimmer und schwelgten in Erinnerungen an unsere bisherigen Urlaubs-Highlights und an die Zeit, in der das WLAN in Hotels noch funktionierte.

Da außer der wirklich tollen Lage direkt am Flussufer nicht so wirklich etwas für unsere Unterkunft sprach, packten wir am nächsten Morgen dann auch recht schnell unsere Sachen und brachen wieder auf. 20km später erreichten wir dann erstmal wieder ein wenig Zivilisation und frühstückten standesgemäß bei Subway, inklusive Tim Hortons Donut Nachtisch und eine ordentliche Portion gratis WLAN. In der Zwischenzeit ohne Internet hatte sich die Welt scheinbar weiterbewegt und das Wetter war plötzlich nicht mehr so berauschend. Die Sonne hatte sich komplett hinter Wolken verzogen und uns fehlte irgendwie so ein bisschen der Antrieb. Auch einen wirklich Plan hatten wir für den Tag noch nicht. Waren wir etwa satt vom Urlaub? Das durfte nicht sein und so entschieden wir uns, unsere Fahrt einfach mal zu Beginnen und auf dem Weg in einem Provincial Park vorbeizuschauen. Als die Wolken am Himmel auf unserer zweistündigen Fahrt dann aber auch noch immer öfter anfingen sich über uns zu erleichtern, verschwand zunehmend auch das letzte bisschen Motivation, sich draußen irgendetwas anzuschauen. Daher steuerten wir das Visitor Center eigentlich nur an, um mal die Toilette aufzusuchen. Als wir dann gerade wieder gehen wollten, drückte uns eine unglaublich motivierte Dame eine Karte in die Hand und klärte uns auf, wo es was im Park zu sehen gibt und wies uns darauf hin, dass an einem Punkt aktuell Lachse stromaufwärts springen würden. Damit hatte sie uns gleichzeitig angefixt und uns ein schlechtes Gewissen gemacht, sodass wir tatsächlich in den Park fuhren um uns das Spektakel anzuschauen. Und tatsächlich, wir sahen an der genannten Stelle doch tatsächlich Lachse bei dem Versuch, Stromschnellen hinauf zu springen. Allerdings muss es sich bei diesen Lachsen letztendlich um diejenigen handeln, die im Lachs-Sportunterricht immer als letzte gewählt worden sind. Wieso kommen sie sonst erst im September an diese Stelle, wenn die Laich eigentlich schon im August losgeht? Das würde zumindest auch erklären, wieso während unserer Anwesenheit dort kein einziger Fisch es geschafft hat, das Hindernis zu überqueren.

Aber auch sonst war der Wells Gray Provincial Park gar nicht mal so übel. Wunderbar ausgebaut, damit man als fußfauler Besucher alles gut erreichen kann, coole Wasserfälle in verschiedenen Größen – wir konnten hier doch einige Zeit vertrödeln.

Irgendwann hatten wir uns aber tatsächlich an der Natur satt gesehen und wollten nur noch voran kommen. Also ging es zurück auf die Straße und auch die letzten 1,5 Stunden des Tages wurden souverän abgespult. Unser Ziel: Kamloops. Auch hier gilt: kennt man nicht, muss man auch nicht kennenlernen. Der Ort lebt im Grunde genommen nur davon, dass sich hier Highways kreuzen und er auf der Strecke zwischen Vancouver und den Nationalparks der Rocky Mountains liegt. Angeblich ist Kamloops aber auch die freundlichste Stadt von British Columbia – wenn man sonst nichts hat, denkt man sich eben einen Titel aus. Aber zumindest der kurze Eindruck, den wir bekommen konnte, scheint den Titel zumindest zu rechtfertigen. Bei Denny’s wurden wir nett bedient, auch wenn die Kellnerin das falsche Gericht servierte. Beim Einkauf im Real Canadian Supercenter (ja, die nennen das wirklich so) schenkte uns ein älteres Ehepaar den Einkaufswagen inklusive einem kanadischen Dollar und verhalf und somit zu unserem ersten kanadischen Bargeld überhaupt. Und auch der indischstämmige Mitarbeiter an der Hotel-Rezeption hat uns sehr freundlich die Frühstückszeiten erklärt. Hat man Kamloops also womöglich tatsächlich den Titel der freundlichsten Stadt verliehen? Oder versuchen die Bürger nur ihren Fake-Titel echt wirken zu lassen? Wir werden es wohl niemals herausfinden.

Nach einer erneut wunderbar ruhigen Nacht und dem letzten echten Hotelfrühstück des Urlaubs überlegten wir dann, wie wir den Tag rumkriegen sollten. Da uns die Sonne doch tatsächlich nochmal einen Besuch abstattete, entschieden wir uns dazu, in den nahe gelegenen BC Wildlife Park zu fahren. Dort sind einige einheimische Tierarten beheimatet. Die dortigen Tiere sind nahezu alle aufgrund von Verletzungen nicht mehr in der Lage, in der Wildnis zu überleben oder wurden als Waisen gefunden und haben seitdem im Park ein neues Zuhause gefunden. Es war ganz nett und bei Sonnenschein wirklich angenehm. Und da auch ein Schwarzbär und zwei Grizzlybären Bewohner des Parks waren, konnte zumindest auf diese Weise Sandras ewig währende Suche nach Bären endlich ein Ende finden. Anschließend machten wir uns dann auf den Weg nach Vancouver. Schlappe 4 Stunden später, wohl gemerkt auf einem einzigen Highway, waren wir dann auch schon da, sodass es sich kaum lohnte, es sich im Auto überhaupt bequem zu machen. Dabei verabschiedete sich mit der Sonne unsere treue Begleiterin leider recht schnell und wurde von reichlich Wolken ersetzt. Da diese sich in den zahlreichen bewaldeten Hügeln immer wieder festsetzten, wirkte es fast schon so, als würden wir durch einen tristen Märchenwald fahren. Spätestens als wir die Stadt Chilliwack erreichten und es anfing zu schütten, wussten wir aber, dass wir immer noch im realen Leben unterwegs waren. So erreichten wir dann mit Vancouver unseren vorletzten Halt und werden in den kommenden Tagen schauen, was man hier bei Regen so machen kann. Denn nichts anderes ist für hier wettertechnisch vorausgesagt. Das wird ein Spaß.

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